Wörter des Jahres 2020: So schlägt sich die Stimmung der Welt auf unsere Sprache nieder
Text: Maike Hartmann
Auch für das Jahr 2020 präsentierten Langenscheidt und die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) ihre Gewinner: Im Oktober 2020 machte „Lost“ den ersten Platz als Jugendwort des Jahres. Und auch „Corona-Pandemie“ schaffte es im November auf das GfdS-Siegertreppchen. Was sagt das über uns aus?
„Lost“ – kleines Wort, wenig Perspektive
Verloren, verlaufen, ausweglos, verirrt, ziellos, ahnungslos, unsicher – das Wort „Lost“ lässt sich unterschiedlich ins Deutsche übersetzen. Und doch ist der Kern eindeutig: keine Orientierung.
In Zeiten der Pandemie teilen viele das Gefühl von einer ungewissen Zukunft. Das Jahr 2020 ist geprägt von Existenzangst und einem Leben ohne Perspektive. Noch dazu ist Abstand zu anderen Menschen und eingeschränkter sozialer Kontakt (im Englischen auch „social distancing“ genannt) lebenswichtig. Auch wenn Sicherheit vorgeht, macht es doch einsam. „Lost“ bringt das auf den Punkt.
Dabei trifft das Wort „Lost“ nicht nur auf die Jugend zu: Weltweit fühlen sich Menschen verloren. Ein Blick auf die Liste der Wörter des Jahres 2020 verrät, wie intensiv die Pandemie unsere Sprache beeinflusst hat und zeigt deutlich, was uns bewegt.
Ein Virus beherrscht nicht nur die Welt, sondern auch die Top 10 der Wörter des Jahres
1. Corona-Pandemie
2. Lockdown
3. Verschwörungserzählung
4. Black Lives Matter
5. AHA
6. systemrelevant
7. Triage
8. Geisterspiele
9. Gendersternchen
10. Bleiben Sie gesund!
Mit 80% überwiegt das Corona-Thema unter den Top Wörtern des Jahres 2020. „Corona-Pandemie“ führt die Liste an, dicht gefolgt von „Lockdown“. Wo drastische Maßnahmen im Spiel sind, sind Gegner nicht weit: „Verschwörungserzählung“ macht es auf den dritten Platz.
Wie einschneidend die Pandemie uns im Alltag und in Ethikfragen beschäftigt, verraten die Plätze fünf, sechs und sieben: „AHA“ (Abstand-Hygiene-Alltagsmaske), „systemrelevant“ und „Triage“ – die medizinische Entscheidung, welche Erkrankung Priorität hat und wer als erstes behandelt werden darf – lösten Diskussionen aus.
Seit März 2020 hat sich vieles verändert, und wir büßten ein: Krankheitsfälle, Todesfälle, Einkommensverlust, Job- und Reiseverbot. Der Dreh- und Angelpunkt, der uns am meisten auf die Probe stellt, ist den Kontakt zu anderen Menschen zu vermeiden. Oder wenigstens auf das Mindeste zu reduzieren.
Seit dem Sommer begleiten uns „Geisterspiele“ auf dem Fußballfeld. Der achte Platz der Top-Liste bemüht sich auch ohne Publikum den Wettkampf wieder aufleben zu lassen. Auch dieser Versuch, ein Stück weit Normalität wieder zu bringen, musste Kritik einstecken. Viele stellten sich die Frage: Ist Fußball wirklich systemrelevant?
Hoffnungsvoll in ein neues Jahr
Wörter mit negativem Beigeschmack begleiten uns seit März 2020. Doch die verloren geglaubte Freude kann wiederkommen. Ein ereignisreiches Jahr mit vielen Hürden und Herausforderungen liegt hinter uns. Mit vereinten Kräften lässt sich die Corona-Pandemie vom Thron stürzen. Wie Platz 10 uns rät: „Bleiben sie gesund.“ Unser Ansporn für 2021: Zuversicht und Hoffnung!